Zians-Haas Rechtsanwälte

Muss der Notar Architekt spielen?

09.06.2020

Zu den Pflichten des Notars gehört u.a. zu prüfen, ob die im Verkaufsakt enthaltene Beschreibung der Immobilie mit dem Bauplan übereinstimmt.

Erst kürzlich äußerte sich der Kassationshof in einem Entscheid vom 07.05.2020 in Bezug auf die gesetzlichen Verpflichtungen des Notars.

Im vorliegenden Fall hatte der Käufer ein Appartement in einer noch zu errichtenden Immobilie gekauft.

Die notarielle Basisurkunde und der darauffolgende Verkaufsakt beschrieben das Objekt gleichermaßen. Es sollte sich um ein 2-Zimmer-Appartement mit Zugang zu einem Garten handeln.

Das Appartement wurde anschließend gemäß Bauplan konstruiert, jedoch ohne Zugang zum Außenbereich. Dieser war nämlich nicht im Bauplan vorgesehen.

Daraufhin war der Käufer der Ansicht, der Notar habe einen offensichtlichen Fehler begangen, da er das Objekt sowohl in der Basisurkunde als auch im Verkaufsakt falsch beschrieben hat. Er beschloss, gerichtlich gegen den Notar vorzugehen.

Zu der Informations- und Beratungspflicht des Notars gehört ebenfalls eine Nachforschungs- und Untersuchungspflicht. Es handelt sich um eine Mittelspflicht (≠ Ergebnisverpflichtung), deren Einhaltung am Maßstab eines gewöhnlich umsichtigen Notars geprüft wird. Dabei werden unter anderem die Kenntnisse und Erfahrungen der Parteien, ihre legitimen Erwartungen und die dem Notar zur Verfügung stehenden Informationen berücksichtigt. *

Stellt sich jedoch die Frage, ob diese Untersuchungspflicht den Notar ebenfalls dazu verpflichtet, vorab zu überprüfen, ob die Beschreibung des Verkaufsobjektes mit dem vorliegenden Bauplan übereinstimmt.

Der Appellationshof Antwerpen entschied, dass nicht erwartet werden kann, dass der Notar überprüft, ob die Beschreibung der betreffenden Immobilie mit den genehmigten Bauplänen übereinstimmt, auch wenn er über diese Pläne verfügt, ohne gleichermaßen zu überprüfen, ob dies auch für die Erstellung von Urkunden über eine noch zu errichtende Immobilie gilt. Außerdem müsse der Käufer, da er ebenfalls unachtsam gewesen ist, die Folgen seiner eigenen Fahrlässigkeit selbst tragen.

Der Kassationshof erachtete diese Begründung jedoch für unzureichend und rechtswidrig.

Es besteht ein Kausalzusammenhang zwischen einem Fehler und dem Schaden, wenn ohne den besagten Fehler der Schaden anders erfolgt oder ausgefallen wäre. Nur weil dem Käufer ein Fehler zur Last gelegt werden kann, bedeutet dies nicht zwingend, dass der Notar nicht ebenfalls einen Fehler in Zusammenhang mit dem entstandenen Schaden begangen hat und somit haftbar ist.

Schlussendlich gilt es, jeden Fall einzeln zu betrachten. Hier steht vor allem die Frage, welche Informationen dem Notar zur Verfügung standen, eine maßgebliche Rolle.

Liegt dem Notar der Bauplan vor, so muss er darauf achten, dass die Beschreibung der Immobilie in den Urkunden dem Bauplan entspricht.

 

* Artikel 9 des Gesetzes vom 16.03.1803 zur Organisierung des Notariats

 

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